Ich werd' nie vergessen, wie es mit dieser Band angefangen hat.

Es war am Montag, dem 4. November 1985, als meine Freunde und ich so herumhingen.

Mit zwei von Ihnen, Rütze und Mad, hatte ich zuvor schon einmal in einer Band zusammengespielt.

Wir kamen von verschiedenen Stilen der Rock-Musik, aber mittlerweile hörten wir alle auch Punk.

Claus, der auch da war, hatte einen Sampler mit deutscher Punk-Musik von verschiedenen Bands auf einer Kassette aufgenommen, die wir alle zu dieser Zeit hörten, und Claus konnte sogar alle Texte und sang oft dazu.

Später kam unser Freund Berndi dazu und sagte uns, es solle am nächsten Wochenende eine Party geben von einem Rocker-Club, den "Lost Sons" aus Mannheim, an einem Ort, wo manchmal Live-Konzerte stattfanden, dem "Leif Eriksson" in Weinheim. Z. B. hatte dort schon die bekannte deutsche Punk-Band "Die Toten Hosen" gespielt, und wir waren dort und haben überlebt (es war verdammt laut, ich hatte noch 2 Tage später ein Summen im Ohr).

Berndi kannte einige der Rocker, die die Party veranstalten würden, und sagte uns, es sei eine Bühne und Equipment für Life-Bands vorhanden, und fragte uns, ob wir da spielen wollten.

Ich erinnere mich, es war nicht ganz einfach für ihn, uns zu überzeugen, wir hatten diese Art von Musik noch nie zusammen gespielt, Claus hatte zuvor nie in einer Band gesungen, es blieb so wenig Zeit zum Proben, und so dachten wir, es würde ein Desaster werden.

Aber schließlich konnte er uns damit überzeugen, dass er uns eine Regel des Codex der Rocker erklärte: Wenn eine Band für sie ohne Gage spielt, dann hat die Band Narrenfreiheit, d. h. die Musiker können machen, was sie wollen, so schlecht spielen wie sie wollen, sogar unflätig zum Rocker-Publikum sein, und man würde sie dafür niemals schlagen.

Und wir sollten Bier für umsonst bekommen.

Also beschlossen wir, dort zu spielen, und von Dienstag bis Donnerstag hatten wir drei Proben, in denen wir viele der deutschen Punk-Songs von der Kassette einspielten, und wir haben so intensiv geübt, dass alle von uns am Ende völlig heiser waren und wir am Freitag nur noch Halsbonbons lutschen, aber nicht mehr proben konnten, und der Gesang klang furchtbar.

Wir mussten uns noch für einen Bandnamen entscheiden, und nach einiger Diskussion haben wir uns für "HTLV-III" entschieden. Damals war das der Name für das Virus, das man im Verdacht hatte, Aids zu übertragen, entdeckt von einem französischen Wissenschaftler, später haben dann amerikanische Wissenschaftler herausgefunden, dass es sich um ein anderes Virus handelt, und haben es "HIV" genannt. Die Namensgebung unserer Band war vielleicht nicht nett angesichts der Opfer von Aids, aber es war Punk und wir waren jung und wollten damit Aufmerksamkeit erregen, und wir waren überzeugt, dass wir den Leuten klar machen konnten, dass wir keine Vorbehalte oder Vorurteile gegen irgendjemanden hatten.

Am Samstag, dem 9. November 1985, spielten wir dann unser erstes Konzert.

Um ehrlich zu sein, wir waren völlig betrunken, wir spielten furchtbar, aber es war ein Riesenspaß, besonders unsere Kürbisshow, d. h. wir zerhackten einen Kürbis mit einer großen Axt, und die Sprengung eines Hamburgers von McDonald's mit Knallkörpern.

Die Sprengung des Hamburgers führten wir am Ende unseres ersten eigenen Liedes durch, welches von einer wahren Geschichte im Zusammenhang mit der Zerstörung einer McDonald's-Filiale in Heidelberg handelte.

Nach diesem Auftritt waren wir froh, dass uns die Rocker nicht umgebracht haben, weil wir so schlecht gespielt hatten.

Aber es war ein so großer Spaß, dass wir mit der Band weitermachten.

Wir haben eine Menge eigener Lieder geschrieben, zum Teil in Teamarbeit, zum Teil hat jeder von uns Lieder eingebracht, und so machten wir das nächste Konzert, ich denke es war in unserem Jugendzentrum in Großsachsen, komplett mit eigenen Liedern.

Die Band wurde immer bekannter in der Region, und sie haben uns sogar im Umkreis von Lyon (Frankreich, Claus kannte da jemanden) und Ljubljana (damals noch Jugoslawien, heute Slowenien, war Rützes Verbindung) im Radio gespielt.

Und unsere Auftritte waren immer ein Spaß. Ich werde nie vergessen, wie wir, ich denke es war wieder in unserem Jugendzentrum, zusätzlich zu unserer mittlerweile berühmten Kürbisshow mit einer Bohrmaschine mit Holzbohrer und auf Schlagbohren eingestellt eine Wassermelone zerstörten, so dass die Melonenstücke in alle Richtungen gespritzt sind, und später hat unser Kumpel H. Trunk im Brunnen auf der anderen Straßenseite gebadet, mit einer halben Melone auf dem Kopf, laut singend und nackt.

Aber unsere Lebenswege haben unterschiedliche Richtungen genommen, wie das so oft ist bei Bands mit Leuten in diesem Alter, Rütze und Claus sind zum Studieren in andere Städte gezogen, und so haben wir mit der Band aufgehört.

Ich bin danach zu meinen Wurzeln Blues, Blues-Rock und Soul zurückgekehrt und habe mittlerweile mit dem Trinken aufgehört, und so hatte ich Zeiten, in denen in zurückschaute und dachte: Ach, war das schlecht.

Aber wenn ich heute zurückschaue denke ich, es ist ein bisschen schade, dass wir mit dieser Band aufgehört haben.

Es war wirklich eine gute und heiße Band nach diesem ersten Konzert, es war die Zeit für diese Musik in Deutschland, wir hatten gute eigene Songs mit eigenen Texten ... "the future was wide open" (die Zukunft stand uns weit offen), würde Tom Petty sagen (in seinem Lied "Into the Great Wide Open).

Naja, wir sehen uns nicht oft, aber wir haben noch Kontakt, und so wird es vielleicht eines Tages ein Revival geben.

Schwer vorzustellen, aber wer weiß?

Nichts ist unmöglich.